Vom Fund eines Gedenksteinüberrestes zum Gedenkort am Kieler Russee

Im November 2000 wurde auf dem ehemaligen Gelände des KZ der Gestapo am Kieler Russee der Überrest eines Gedenksteins aus der Nachkriegszeit gefunden. Dieser war wahrscheinlich auf Initiative von ehemaligen polnischen Zwangsarbeitern 1946/47 von einer sowjetischen Kommission für die Opfer des Faschismus aufgestellt worden.

Der Kulturausschuss der Stadt Kiel nahm den Fund zum Anlass, sich um eine Neugestaltung des Geländes unter Einbeziehung dieses Gedenksteinüberrestes Gedanken zu machen. Im Frühjahr 2002 fragte er deshalb beim Kieler Arbeitskreis Asche-Prozeß (AKAP) und dem AKENS an, ob man sich vorstellen könne für eine Neugestaltung des Gedenkens an das ehemalige „Arbeitserziehungslager Nordmark“ Finanzmittel bei der Europäischen Union zu beantragen und das Gelände zusammen mit Mitteln der Stadt Kiel umzugestalten. Der AKENS stellte daraufhin einen entsprechenden Antrag und erarbeitete einen Plan zur Gestaltung eines „Gedenkort ‚Arbeitserziehungslager Nordmark’“ unter Einbeziehung der einzigen noch vorhandenen Überreste des Lagers: den Grundmauern des ehemaligen SS-Gästehauses am Russee. Im Antrag hieß es dazu: „An diesem Ort, in einem kleinen Baumbestand am Seeweg gelegen, bietet sich die Möglichkeit, ausführlich über die Geschichte des ‚Arbeitserziehungslagers Nordmark’ und seiner historischen Bedeutung für Norddeutschland zu informieren.

Der kürzlich wieder entdeckte Teil eines Gedenksteines aus dem Jahre 1946/47 soll als Sockel für einen neuen Gedenkstein dienen, auf dem stellvertretend 13 Namen der Opfer des Konzentrationslagers aus 13 Nationen eingraviert werden. Außerdem sollen drei Informationstafeln zu den Themenkomplexen ‚Opfer’, ‚Täter’ und ‚Nachkriegszeit’ erstellt werden.“

Am 27. Januar 2003, dem bundesweiten Gedenktag zur Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz durch die „Rote Armee“ wurde auf diesem Gelände ein neuer Gedenkstein in Erinnerung an die Opfer aufgestellt.

Am 4. Mai 2003, genau 58 Jahre nach der Befreiung des Lagers durch die britische Armee, folgten drei Informationstafeln, die über die Geschichte des Lagers aufklären. Damit wird am Ort der Verbrechen der Gestapo erstmals umfassend über deren mörderische Taten informiert werden. Mit dem Gedenkort „Arbeitserziehungslager Nordmark“ soll keine neue Stätte rituellen Gedenkens geschaffen werden. Vielmehr verbindet sich damit die Hoffnung, dass auch in Kiel damit begonnen wird, die Erforschung der Zeit des Nationalsozialismus durch politisch Verantwortliche, Fachwissenschaft und engagierte Bürger systematisch zu fördern und dass wir in dieser Stadt der Gesamtkonzeption einer Erinnerungskultur zur NS-Geschichte und einer aufklärenden Gedenkstättenarbeit näher kommen.

Der Gedenkort „Arbeitserziehungslager Nordmark“ wurde von der Europäischen Union, der Landeshauptstadt Kiel und dem AKENS finanziert. Idee und Realisierung des Gedenkortes besorgten für den AKENS Eckhard Colmorgen und Frank Omland.

Unser Dank für wertvolle Mitarbeit gilt den AKENS-Mitgliedern Kay Dohnke, Renate Dopheide, Nils Hinrichsen, Jan Klußmann, Peter Meyer-Strüvy und Monika Peters. Für gute Zusammenarbeit danken möchten wir auch dem ehemaligen Ratsherrn Dr. Ulrich Erdmann, dem ehemaligen Leiter des Kulturamtes, Dr. Knut Nievers, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Stadtarchivs, dem Grünflächenamt und einigen Auszubildenden, die das Gelände am Russee vorbereitet haben, und insbesondere Herrn Sepp Barth, der in seinem Steinmetzbetrieb den Gedenkstein geschaffen hat, sowie die Grafikerinnen Ulrike Eckstein und Andrea Hagestedt und dem Kartographen Frank Thamm.

 

Zitiert aus dem Vorwort der Broschüre:
Dokumentation zum Gedenkort „Arbeitserziehungslager Nordmark“ Materialien, Fotos und Dokumente zu einer Haftstätte der schleswig-holsteinischen Gestapo in Kiel 1944-1945. Herausgegeben vom Arbeitskreis Asche-Prozeß und dem Arbeitskreis zur Erforschung des Nationalsozialismus in Schleswig-Holstein e.V. Redaktion: Frank Omland. Layout: Kay Dohnke. Kiel 2003, 80 Seiten.


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