//3//

Lawrence D. Stokes

"Wegbereiter des neuen nationalen Werdens"

Der "Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten" in Eutin, 1923 - 1934

1. Einleitung

Bis zum Aufstieg der NSDAP mit ihren Sturmabteilungen war der "Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten" die bei weitem größte und einflußreichste rechtsgerichtete paramilitärische Organisation in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg. [1] Der Stahlhelm stand an der Spitze der anti-demokratischen, anti-parlamentarischen und antisemitischen Opposition der Weimarer Republik und deren Anhängern. In dieser Rolle war der Stahlhelm sowohl ein Rivale wie auch ein Verbündeter der Nazis - und manchmal sogar beides zur selben Zeit.

Die wechselhafte Geschichte der Stahlhelm-Ortsgruppe von Eutin, das bis zum Groß-Hamburg-Gesetz von 1937 Verwaltungssitz des dem Freistaat Oldenburg zugehörigen sogenannten "Landesteils Lübeck" war, veranschaulicht die widersprüchliche Beziehung zwischen dem Frontsoldatenbund und den Nationalsozialisten. Durch die frühzeitige Machterlangung der NSDAP in Oldenburg und Eutin bereits im Sommer 1932 und insbesondere nach Hitlers Ernennung zum Reichskanzler sechs Monate später war das Schicksal des Stahlhelm als unabhängige politische Organisation besiegelt. Im Laufe des Jahres 1933 wurde er kollektiv in die SA übernommen, jedoch ohne daß zumindest einige seiner Mitglieder ihre ambivalente Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus weiterhin aufrechterhielten.

2. Gründung, Satzungen und Mitgliedschaft

Obwohl die Gründung des Stahlhelm durch den Hauptmann der Reserve Franz Seldte bereits am 13. November 1918 in Magdeburg stattfand, [2] bildete sich erst im September 1923 eine Eutiner Ortsgruppe. Ihre Gründung geschah nicht ohne Widerstände. Ein Jahr zuvor hatte der Kreisverband der Deutschen Demokratischen Partei für den Landesteil Lübeck den Ministerpräsidenten von Oldenburg mittels einer Eingabe aufgefordert, den Stahlhelm auf die Liste rechtsradikaler Organisationen (wie den Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbund und den Verband nationalgesinnter Soldaten) zu setzen, die der Freistaat nach der Ermordung des Reichsaußenministers Walther Rathenau verboten hatte, insbesondere als der Veteranenbund sowohl in der benachbarten preußischen Provinz Schleswig-Holstein und der Freien und Hansestadt Lübeck aufgelöst worden war. [3] Die liberale Regierung in Oldenburg verweigerte offenbar das Verbot des Stahlhelms, wie sie auch in späteren Jahren ihren Beamten den Beitritt zur NSDAP nicht untersagte (sie wurden lediglich angewiesen, das Parteiabzeichen nicht während des Dienstes zu tragen). [4] Ohne offizielle Opposition Widerstand war so für den Bund der Weg frei, sich in Eutin


//4//

[Abb. 1: Aufmarsch von Stahlhelm-Verbänden 1930]

zu etablieren.

Die erste Satzung des "'Stahlhelm' Bund der Frontsoldaten, Ortsgruppe Eutin e.V.", die auf einer Generalversammlung am 14. August 1923 in einem örtlichen Hotel angenommen wurde, nannte als Zweck, "durch den Zusammenschluß aller Frontsoldaten ohne Rücksicht auf Stand, Partei und Bildung den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Aufbau Deutschlands herbei[zu]führen. Sein Programm faßt sich in folgende Punkte zusammen: 1. Pflege der im Felde begründeten Kameradschaft. 2. Vertretung der Interessen der Frontsoldaten. 3. Pflege des Deutschtums." [5] Theoretisch konnte ein Mitglied daher jeglicher Partei auf der Rechten oder Linken (oder überhaupt keiner) angehören, während der Bund selbst jegliche ausdrückliche parteipolitische Ausrichtung abstritt; in der Atmosphäre der frühen zwanziger Jahre deutete der abschließende Programmpunkt ("Pflege des Deutschtums") nichtsdestotrotz auf die nationalkonservative und antisemitische Orientierung des Stahlhelm hin.

Zu Beginn des Jahres 1931 wurde eine neue Satzung anstelle jener von 1923 beschlossen, "die durch die Verhältnisse überholt ist." Sie "bezweckt a) Befreiung des Vaterlandes und Wiederaufbau auf Grund einer deutschen Volksgemeinschaft, b) Pflege der Frontkameradschaft, Unterstützung bedürftiger Kameraden, c) Pflege vaterländischer Gesinnung. [...] Die Farben des Stahlhelms sind Schwarz-Weiß-Rot." Neben diesen unzweideutigen politischen Zielen und Praktiken - Deutschland sollte von den Ketten des Versailler Vertrages befreit werden, und die Fahne des Bundes war jene des früheren Kaiserreichs - enthielt die Satzung von 1931 Begriffe ("Volksgemeinschaft", "Führer"), die auch von den Nazis verwendet wurden. [6]

Hinsichtlich der Mitglieder der Orts-


//5//

gruppe ist ihre Zahl für keinen Zeitpunkt mit Sicherheit zu bestimmen. Angaben, die gelegentlich vor allem in der Eutiner Zeitung - dem Anzeiger für das Fürstentum Lübeck - veröffentlicht wurden, sprechen von "ungefähr 100" Mitgliedern, die die Jahreshauptversammlung im Januar 1929 besuchten, 61 bei einer ähnlichen Zusammenkunft am 9. Januar 1931, als die neue Satzung beschlossen wurde, und 42 bei einer Hauptversammlung im November desselben Jahres zur Wahl eines Ortsgruppenführers. [7] Wenn man annehmen darf, daß diese Werte die Größe der aktiven Mitgliederschaft repräsentieren, wurde Ende 1931 die Eutiner Ortsgruppe des Stahlhelm bei weitem von der örtlichen NSDAP in den Schatten gestellt, die damals 360 Angehörige hatte. [8] Auf der anderen Seite war noch im Frühling 1931 die Stahlhelmfrauenbundgruppe in Eutin zwischen 75 und "fast 100" Mitglieder stark [9], was vermutlich bedeutete, daß zumindest diese Zahl von Ehemännern, Söhnen, Brüdern oder anderen männlichen Familienangehörigen im eigentlichen Veteranenbund organisiert waren.

Die Führung der Ortsgruppe ist leichter zu identifizieren. Der 1. Vorsitzende im originalen, 1923 gewählten Vorstand war Ingenieur Walter Putensen, der Geschäftsführer des Kreishandwerkerbundes für den Landesteil Lübeck, der in der Organisation und in der Eutiner Stadtpolitik bis zum 30. Januar 1933 und darüber hinaus aktiv blieb. [10] Putensens Nachfolger und andere Vorstandsmitglieder vor 1932 sind stärker ihrer Berufe als ihrer Namen wegen von Interesse. Unter ihnen finden sich fünf Kaufleute, vier Bankbeamte, zwei Turnlehrer und zwei Studienräte sowie je ein Malermeister, Schneidermeister, Viehhändler, Fabrikant, Landmesser, Justizobersekretär, Obersteuerinspektor und Mandantar. Einschließlich Putensen waren also alle 22 der Vorstandsmitglieder des Eutiner Stahlhelm vor dem Dritten Reich, deren Beruf festgestellt werden kann, sozial der (unteren) Mittelschicht und hier vornehmlich dem Segment der niedrigen Beamten, Angestellten und einfachen Selbständigen zugehörig. Nicht ein einziger Arbeiter befand sich darunter; aber einer, der Viehhändler Julius Seckels, war ein (getaufter) Jude, ungeachtet des unübersehbaren Antisemitismus der Organisation. [11]

3. Einstieg in die Politik (1923 - 1928)

Das erste politische Auftreten des Eutiner Stahlhelm Ende Oktober 1923 hatte die eher unauffällige Form einer öffentlichen Kundgebung, in der die deutsche Regierung aufgefordert wurde, gegenüber der franko-belgischen Besetzung des Ruhrgebietes eine harte Position einzunehmen. Außer daß sie den Kampf gegen die "Kriegsschuldlüge", den Versailler Friedensvertrag, Reparationen, den Verlust deutscher Territorien und Kolonien und die andauernde Präsenz ausländischer Truppen auf dem Boden des Reiches anführtten, erwarteten die Versammelten, daß Berlin durch Etablierung einer Diktatur "mit fester Hand innere Ordnung schafft". Ein konkreter Kandidat wurde nicht genannt, und die Krise ging vorüber, ohne daß entweder General Hans von Seeckt oder Adolf Hitler in der Lage gewesen wären, für sich diese Rolle in Anspruch


//6//

[Abb. 2: Walter Putensen im Jahr 1959]

zu nehmen. Ansonsten beschränkte sich die Ortsgruppe darauf, in der Eutiner Zeitung mittels Anzeigen zur Sammlung von Roggen und Geld aufzurufen, damit bedürftigen Veteranen Brot zugeteilt werden könne, sowie generell zur Hilfe beim Aufbau der Organisation. [12]

Doch das wahrhaft spektakuläre Debüt des Stahlhelm in Eutin fand im Juli 1924 statt, als er zusammen mit anderen örtlichen Formationen der Rechten energisch gegen die Gründung einer Ortsgruppe des "Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold" opponierte, der neugeschaffenen Selbstschutzorganisation der Weimarer Republik. [13] Tatsächlich war das Reichsbanner als Gegengewicht zum Stahlhelm aufgestellt worden. Daher überrascht es nicht, daß die Stahlhelm-Ortsgruppe zahlreiche ihrer Mitglieder entsandte, um das Gründungstreffen in der Stadt durch unablässige Fragen zu stören und so einen Abbruch zu bewirken. Es war den Stahlhelmern bereits gelungen, den Hauptredner - einen Studienrat aus Kiel - auswechseln zu lassen, indem sie seine Leistungen im Krieg bestritten. Der Ortsvorsitzende Walter Putensen beschimpfte das Reichsbanner als einen "politischen Kriegsteilnehmerbund" und eine Unterorganisation der SPD, im Gegensatz zum angeblich unpolitischen Frontsoldatenbund des Stahlhelms.

"Die Gebildeten und die Arbeiter seien im Kriege einig gewesen. Unterschiede habe es damals nicht gegeben. [...] Wir können im hiesigen Landesteil nur arbeiten durch den Zusammenschluß aller deutschen Männer. [...] Der 'Stahlhelm' weiß, daß er heute eine Macht ist, die sich nicht mehr beiseite schieben läßt [...]." [14]

Als Demonstration seiner Stärke und auch zweifellos als Antwort auf die im Herbst 1924 unter großer Beteiligung in Eutin durchgeführte Fahnenweihe des Reichsbanner wurde die Stadt im folgenden Juni zum Veranstaltungsort des jährlichen Gautages des Stahlhelm für den gesamten Gau Nordmark (Hamburg und Schleswig-Holstein), verbunden mit einer Fahnenweihe und einem Sportwettbewerb aller Einheiten des Landesteils (oder richtiger "Fürstentums", denn der Stahlhelm bevorzugte die vor 1918 gebräuchliche Bezeichnung der Gegend), auf der Walter Putensen zum Kreisleiter befördert wurde. Um den Mitgliederbestand der Eutiner Gruppe zu vermehren, kündigte man an, Veteranen früherer Kriege würden künftig als Ehrenmitglieder des Stahlhelm angesehen. Der anstelle von Bundesführer Franz Seldte auftretende Gastredner skizzierte zunächst den Verlauf der Schlacht bei Tannenberg im August 1914 und schloß


//7//

[Abb. 3: Programm des Eutiner Stahlhelm-Gautages, Juni 1925]


//8//

dann "mit dem Ausdruck der Hoffnung, daß bald ein drittes Tannenberg folgen werde, durch das ganz Deutschland vom Feinde befreit werde." Schätzungsweise 2.700 Stahlhelmer beteiligten sich an der abschließenden Parade und einem Feldgottesdienst, wo sie die Verdammung des vorherrschenden "Judengeist[es]" hörten, "der durch Mammongeist und Feigheit genährt wird", sowie den Ruf: "hinweg mit dem Pazifismus und hinaus mit allem Fremdrassigen." [15]

Ungeachtet seiner unablässigen Feindseligkeit gegenüber der politischen Linken, dem parlamentarisch-demokratischen Regierungssystem und - wie die voranstehenden Zitate verdeutlichen - den Juden, führte der Eutiner Stahlhelm bis 1929 größtenteils nur die Existenz irgendeines deutschen kleinstädtischen Vereins. Beispielsweise spielte er nur eine geringe öffentliche Rolle in den mehr als einem Dutzend Wahlen, die ab Mai 1924 in der Stadt durchgeführt wurden, obwohl seine Mitglieder inoffiziell und im Verborgenen - und ohne ihre Verbindung zum Stahlhelm ruchbar werden zu lassen - unentwegt für die Parteien der Rechten warben. [16] Nicht einmal die Präsidentschaftskandidatur des Generalfeldmarschalls Paul von Hindenburg vom April 1925, den die Stahlhelmpresse andernorts nachdrücklich unterstützte [17], verleitete die Ortsgruppe in Eutin dazu, öffentlich von ihrer "unpolitischen" Grundhaltung abzuweichen, etwa indem sie unter eigenem Namen eine Wahlanzeige im Anzeiger für das Fürstentum Lübeck aufgab. Statt dessen begnügte sie sich mit der Werbung neuer Mitglieder unter jenen Eutinern, die an die sogenannte "Dolchstoßlegende" glaubten und jede Form von Internationalismus für Deutschland ablehnten; gemeinsam mit anderen "patriotischen" Organisationen und militärischen Verbänden führte sie örtliche Veranstaltungen wie die Reichsgründungsfeierlichkeiten durch; sie unterstützte die Aktivitäten des befreundeten "Scharnhorstbundes deutscher Jungmannen" und entsandte Delegationen zur Teilnahme am jährlichen Reichsfrontsoldatentag. Vor allem aber führte die Ortsgruppe regelmäßige Treffen durch, auf denen Vorträge zu politischen oder kulturellen Themen ("Was ist eine Nation, und sind wir Deutschen eine Nation?", "Judentum und Presse"), Lichtbildervorführungen und literarische Lesungen im Mittelpunkt standen, deren Ziel es war, Indoktrination und Geselligkeit miteinander zu verbinden, um so ein gemeinsames Politikverständnis und einen Sinn für Kameradschaft unter den Mitgliedern entstehen zu lassen. [18]

Doch nach und nach sah sich der Stahlhelm dazu genötigt, im politischen Tagesgeschäft eine stärkere öffentliche Position einzunehmen, wie seine örtlichen Führer zugestanden. [19] Der Grund für dieses erhöhte Profil in Eutin und anderswo lag vorrangig im Hervortreten der NSDAP als einer aggressiven Kraft, die ebenso zum rechten politischen Spektrum gehörte.

Die Anfänge der Rivalität zwischen dem Stahlhelm und den Nazis können bis in die Mittzwanziger zurückverfolgt werden, als es der Hitlerbewegung gelang, einige ihrer prominentesten künftigen Führungsleute in Eutin aus den Reihen des Veteranenbundes abzuwerben. [20] Hierzu gehörten Josef Berger, Heinrich Wiese und vor allem Dr. Wolfgang Saalfeldt, die alle vor und nach 1933 wichtige Partei- und Regierungsämter für die NSDAP innehat-


//9//

ten. [21] Saalfeldts eigenen Worten zufolge verließ er den Stahlhelm, weil dessen "laue Einstellung" ihm mißfiel [22]; er meinte damit offensichtlich den Abstieg zur Vereinsmeierei und damit einhergehend den Mangel an politischem Aktivismus. Auf jeden Fall wurde eine Doppelmitgliedschaft in Stahlhelm und NSDAP bereits 1927 von Hitler ausdrücklich verboten, eine Haltung, die Eutins führender Nazi, Johann Heinrich Böhmcker, rigoros auf mögliche neue Parteimitglieder anwandte. [23] Ob sie nun freiwillig oder auf andere Weise den Bund verließen - der Stahlhelm verlor so eine bedeutende Zahl fähiger Überläufer an seinen radikaleren Konkurrenten.

Schon zu Anfang des Jahres 1929 begann NS-Bezirksleiter Böhmcker mit der Sammlung von Unterlagen über die Unterschiede zwischen seiner Bewegung und dem Stahlhelm. Das Material umfaßte Zeitungsartikel, in denen über Fälle der Zusammenarbeit zwischen der Stahlhelmführung und besonders Reichspräsident von Hindenburg berichtet wurde, sowie Aussagen von Hitler und anderen Nazis zum Thema "Wir und der Stahlhelm". [24] Zusammen genommen lassen diese Belege keinen Zweifel daran, daß jede künftige Kooperation der beiden Organisationen auf einer rein pragmatischen Basis stattfinden würde, zumindest in den Augen der NSDAP. Währenddessen führte die Eutiner Ortsgruppe des Stahlhelm nach wie vor ihre "Appelle" und andere Aktivitäten durch. So wurde die "geistige Schulung" der Mitgliedschaft durch Vorträge (z.B. über "Die Macht der jüdischen Presse") weiter betrieben. Eher beiläufig sei das vom Stahlhelm unterstützte Volksbegehren gegen den Young-Plan erwähnt. [25]

4. Das Volksbegehren gegen den Young-Plan (1929)

Gegen Ende des Jahres 1928 kündigte der Bundesvorstand des Stahlhelm an, er werde ein Referendum in die Wege leiten, das die Änderung der Weimarer Verfassung in eine stärker autoritäre Richtung bezwecken sollte. Anstatt nur die Position des Reichspräsidenten gegenüber dem Reichstag zu stärken, würde der Vorschlag des Stahlhelm die parlamentarische Regierung in Deutschland zerstört haben. Der wahre Zweck des Referendums lag darin, die anti-republikanische Anführerschaft des Stahlhelm gegenüber jeglichem Rivalen zu sichern. Daher verweigerte Hitler zuerst jede Beteiligung an dem Plan. Doch plötzlich erklärten die Nazis im Frühsommer 1929, sie und andere rechtsgerichtete Organisationen würden ein eigenes Referendum gegen den Young-Plan, eine internationale Vereinbarung zur Refinanzierung der deutschen Reparationsverpflichtungen, und gegen den Reichsminister, der ihr zugestimmt hatte, anstrengen. Der Stahlhelm hatte keine andere Wahl, als sich dieser Koalition anzuschließen und dabei sein eigenes Vorhaben aufzugeben. [26] Dieses Manövrieren war der Auftakt zu einem sehr lauten öffentlichen Zusammenstoß in Eutin zwischen den Nazis und dem Stahlhelm.

Es begann Mitte August 1929, als der Eutiner Ortsgruppenleiter des Stahlhelm, Turnlehrer Hermann Kuhrt, einen Brief an die örtliche NSDAP schickte mit der Einladung, einen Vertreter für den "Ortsausschuß für das deutsche


//10//

Volksbegehren" zu nominieren, um die Kampagne vorzubereiten. Böhmcker verweigerte dies nicht nur (weil Hitler zur Sicherung der Unabhängigkeit seiner Bewegung seine Anhänger angewiesen hatte, keinen derartigen Ausschüssen beizutreten), sondern er behauptete Presseberichten zufolge auf einer Versammlung der NSDAP auch, daß die Nazis die tatsächlichen Initiatoren der Referendumsidee seien. Darüber hinaus wurde Böhmcker im Anzeiger für das Fürstentum Lübeck zitiert, er habe die Feinde seiner Partei - nun die zeitweiligen Verbündeten - gewarnt, falls sie "mit diesem Volksbegehren irgendwelche Sonderinteressen" verknüpfen sollten, würden die Nazis sie ohne Zögern als "Volksverräter" brandmarken.

Obwohl viele Teilnehmer der Versammlung abstritten, daß Böhmcker dieses Wort gebraucht habe, reagierte Kuhrt heftigst darauf. Er beschuldigte Böhmcker, die Einheitsfront zu sabotieren, die sein eigener Führer, Hitler, aufgebaut hatte, und sprach ferner von "Unverschämtheit", "Disziplinlosigkeit", "übelster Engstirnigkeit" und "Aufgeblasenheit", die die Nazis durch Inanspruchnahme der Urheberschaft des Vorhabens an den Tag gelegt hätten: "nur politische Kindsköpfe" könnten ihre eigene "Wichtigtuerei" ernstnehmen. Und im Hinblick auf den Rechtsanwalt Böhmcker fügte Kuhrt hinzu, "daß zu einer derart hundsföttisch vergewaltigten Logik nicht erst ein juristisches Studium nötig ist."

Daraufhin entschloß Böhmcker sich, Kuhrt wegen Beleidigung zu verklagen; er tat dies aber erst nach einem weiteren Schlagabtausch in der Zeitung, die Walter Putensen dazu brachte, sich gegen "den Inhalt und die Form" der Erklärung seiner eigenen Ortsgruppe auszusprechen - der erste Hinweis darauf, daß der Stahlhelm-Kreisleiter sich auf das Lager der Nazis zubewegte. Das Amtsgericht Eutin fällte am 14. November sein Urteil: Kuhrt wurde für schuldig befunden und mit einer Strafe von 500 RM oder ersatzweise einem Tag Gefängnis je 20 RM belegt; außerdem hatte er die Kosten des Verfahrens zu tragen. Das Gericht stellte fest, daß Kuhrt jegliche zu rechtfertigende Widerlegung des Volksverrats-Vorwurfes bei weitem überschritten habe; darüber hinaus sei nach Aussage des führenden Wirtschaftstheoretikers der Nazis, Gottfried Feder (der sich zufällig in Eutin aufhielt, um eine Rede zu halten), die gesamte NSDAP davon überzeugt, die Nationalsozialisten seien "die geistigen Urheber des Volksbegehrens gegen den Young-Plan." Der Richter wies auch Kuhrts Gegenklage zurück, Böhmcker habe Kuhrt mit der Bedrohung beleidigt, "er werde dem Verfasser der Veröffentlichung des vorbereitenden Ausschusses [...] in die Fresse schlagen": diese "scherzhafte Redewendung" sei nicht wörtlich gemeint gewesen.

Auf diese Weise endete der ernsteste Konflikt zwischen dem Stahlhelm und den Nazis in Eutin vor der Machtübernahme durch die Hitlerbewegung. Es soll hinzugefügt werden, daß Kuhrts Strafe auf Antrag auf 100 RM reduziert wurde (gerade seine "politische Schimpferei" habe Böhmckers Ansehen nicht ernsthaft geschädigt, denn solche "beleidigende[n] Ausdrücke [...] werden [...] von der Öffentlichkeit weniger schwer gewertet") und Kuhrt 1933 bereitwillig SA-Sturmführer wurde - unter dem Kommando von Johann H. Böhmcker. [27]

Angesichts solcher Uneinigkeit und


//11//

[Abb. 4: Anzeiger für das Fürstentum Lübeck, 22. Dezember 1929]

sogar offenen Konflikte ist es kaum überraschend, daß der Volksentscheid in Eutin wie im übrigen Reichsgebiet vergebens war. Während 13.8 Prozent der Wahlberechtigten im Reich mit "Ja" stimmten, waren es 22 Prozent im Landesteil Lübeck und ganze 33.8 Prozent oder 1.523 Wähler in Eutin. [28] Die beiden folgenden Jahre sollten zweifelsfrei zeigen, daß der politische Gewinner, der aus dem Bemühen um das "Gesetz gegen die Versklavung des deutschen Volkes" (wie der Gesetzentwurf gegen den Young-Plan offiziell hieß), nicht der Stahlhelm, sondern die NSDAP war, und nirgendwo wurde das deutlicher als in Eutin.

5. Gegner bzw. Kampfgefährte der NSDAP (1930 - 1932)

Zwischen dem Beginn des Jahres 1930 und der Landtagswahl vom 29. Mai 1932, aus der in Oldenburg ein rein nationalsozialistisches Kabinett und folgerichtig die Einsetzung von Johann Heinrich Böhmcker als Regierungspräsident von Eutin hervorging, wurde die Geschichte des Stahlhelm von der Frage nach ihrer Beziehung zur NSDAP dominiert. Sie pendelte auf der lokalen wie auf der nationalen Ebene zwischen Gegnerschaft und Kollaboration, wofür der Rahmen während der Kampagne gegen den Young-Plan gesetzt worden war. In ihrer Nachfolge versuchte der Eutiner Stahlhelm, seine Vorrangstellung als älteste anti-parlamentarische Organisation Deutschlands wiederzuerlangen, indem sie öffentliche Versammlungen ansetzte, in denen er sich als "Deutschlands Rettung" vor parteipolitischer Korruption und Lähmung in der Heimat sowie der Unterwerfung unter Frankreich oder jüdische bzw. andere Finanziers im Ausland darstellte. Die Nazis, vertreten durch die Person des Ex-Stahlhelmers und jetzigen NS-Ortsgruppenleiters Dr. Saalfeldt, nahmen die Herausforderung an, indem sie dessen ehemalige Bundesgenossen wegen ihrer anhaltenden Unterstützung von Präsident Hindenburg, noch nachdem er den Young-Plan unterzeichnet hatte, und wegen ihrer angeblichen antisozialen Einstellung angriffen. Daher verkündete Saalfeldt, daß "wir [Nationalsozialisten] mit dem Stahlhelm keine Gemeinsamkeit haben wollen, sondern ihn als unsern politischen Gegner betrachten." [29]

Der Stahlhelm antwortete, daß der Sozialismus einiger Nazis wie etwa Joseph Goebbels und der Strasser-Brüder sich nicht vom Marxismus unterscheide,


//12//

doch der Veteranenbund als eine überparteiliche und maßvolle Opposition noch immer mit der NSDAP zusammenarbeiten wolle. "Nicht durch Haß, denn Haß tötet und entzweit", sagte ein Stahlhelm-Pastor in seiner Feldgottesdienstandacht im Rahmen einer Versammlung von Eutiner und anderen Mitgliedern im Juli 1930 in Burg auf Fehmarn, "sondern durch Liebe will der Stahlhelm die tiefe Kluft in unserm deutschen Volke überwinden." In diesem Geist ging der Stahlhelm in die schicksalshafte Serie von Wahlen im Herbst 1930.

Am Vorabend der ersten dieser Wahlen verkündete der Ortsgruppenführer: "Es gibt keine Partei, die vom Stahlhelm unbedingt unterstützt werden müßte. Der Stahlhelm hat zu keiner Partei irgendwelches Vertrauen, er glaubt nicht mehr an Parteien und an parlamentarische Regierungen. Das deutsche Volk wird sich niemals gesund wählen!" Nichtsdestotrotz sollten die Stahlhelmer zur Eindämmung der "roten Flut" für eine der schwarz-weiß-roten Parteien stimmen - also für jede Partei, die ihre Loyalität zu den Farben des Kaiserreiches demonstrierte. [30] Das Endresultat dieser vagen Empfehlung war, daß bei der Reichstagswahl vom 14. September in Eutin die Deutschnationale Volkspartei (DNVP), bislang die politische Heimat der meisten nationalkonservativen Deutschen inklusive der Stahlhelmer, von 28.12 Prozent der Stimmen, die sie im Mai 1928 errungen hatte, auf einen Anteil von nur 5.86 Prozent fiel, was ganzen 244 Wählern entsprach. Die NSDAP machte umgekehrt einen Sprung von 151 (4.08 Prozent) auf 1.637 (39.29 Prozent) der gültig abgegebenen Stimmen. [31]

Die Schockwirkung dieses Ergebnisses konnte nicht einfach übergangen werden ("Eintagsfliegen läuft der Stahlhelm nicht nach"), da die Nazis nur zwei Monate später bei der Eutiner Stadtratwahl ihren Stimmanteil auf über 45 Prozent steigern konnten. [32] Während des Wahlkampfes stellte der Stahlhelm zum ersten Mal einen "Nationale Rechte" genannten Wahlvorschlag auf, an deren Spitze ihr Kreisleiter Walter Putensen und ihr Ortsgruppenführer, der Malermeister Heinrich Michels, standen und zu dem Vertreter der DNVP und der örtlichen "patriotischen" Turnerschaft gehörten. Auf die "Nationale Rechte" entfielen nur 322 Stimmen (9.1 Prozent), was aber zur Wahl Putensens ausreichte. [33]

Für einige Stahlhelmer schien es nur eine Alternative zu geben: ausdrücklich die NSDAP zu unterstützen. Daher erschien am Tag vor der Wahl zum Landesausschuß (in Preußen Kreistag genannt) vom 30. November die folgende Annonce im Anzeiger für das Fürstentum Lübeck: "Der Stahlhelm als politischer Kampfbund wählt die politischen Listen der Parteien, die mit ihm im Kampf um das Volksbegehren [gegen den Young-Plan] standen. Für die Landesausschußwahl ist die einzige politische Liste, die diese Bedingungen erfüllt, die Liste der Nationalsozialisten." Sicherlich stimmte nicht jedes Mitglied des Stahlhelms hiermit überein; mehrere schrieben daher an die Zeitung und kritisierten Putensens naive und unüberlegte Schwenkung hin zur Nazibewegung, "von der niemand weiß, wie sie sich auswirkt und gegen welchen Stand sie sich richtet", und drängten statt dessen darauf, daß ihre Kameraden ihre Stimmen einer anderen, DNVP-domi-


//13//

nierten Liste geben sollten, "die mit Euch zusammen den Kampf um das Volksbegehren [auch] geführt haben." Alles umsonst: in Eutin gewannen die Nazis über 52 Prozent der Stimmen, also erstmals die absolute Mehrheit. [34]

Ob nun die Stahlhelm-Stimmen zu diesem frühen Sieg der NSDAP entscheidend beitrugen oder nicht - auf jeden Fall war ein gewaltiger Schritt getan worden, der 1933 in der Gleichschaltung des Veteranenbundes in die Hitlerbewegung seinen Höhepunkt fand. Andere folgten bald. Nachdem Kreisleiter Putensen, eines der drei nicht-nationalsozialistischen und nicht-sozialistischen gewählten Mitglieder des Stadtrates, versprochen hatte, "es komme nicht in Frage, daß er [...] sich irgend einer Partei oder Gruppe auf Gedeih und Verderb verschreibe" ("der Stahlhelm hat keinen Pakt mit den Nazis geschlossen"), gab er bei der Eröffnung des Stadtparlamentes seine Stimme für das Amt des stellvertretendem Vorsitzenden anstatt einem Sozialdemokraten gleich Dr. Saalfeldt - obwohl bereits ein Nazi zum Vorsitzenden gewählt worden war und traditionsgemäß der Stellvertreter aus den Reihen der zweitgrößten Fraktion (also: der SPD) hätte kommen sollen. Putensen unterstützte die Nazis auch bei der Wahl der Ratsherren von Eutin und in vielen anschließenden Wahlen im Stadtrat. Als er Ende 1931 die Arbeit der Nazi-Vertreter zusammenfaßte, gestand der Fraktionsvorsitzende Saalfeldt zu, daß seine Partei dank der von Putensen ermöglichten Mehrheit "eine Reihe von Erfolgen" erzielen konnte. [35]

Obwohl Stahlhelmangehörige aus Eutin und dem Landesteil Lübeck eine aktive Rolle bei dem erfolglosen Volksentscheid spielten, mit dem die Auflösung des Preußischen Landtags erzwungen werden sollte in der Hoffnung, dadurch auch die Koalitionsregierung aus Sozialdemokraten und katholischer Zentrumspartei zu beenden, [36] galt ihre Aufmerksamkeit hauptsächlich der Landtagswahl vom Mai 1931 in ihrem eigenen Freistaat Oldenburg. Erneut war die Loyalität des Stahlhelm geteilt. Auf der einen Seite wurden 200 Eintrittskarten zur Hitlerkundgebung in Eutin am 6. Mai, dem Mittelpunkt der Nazi-Kampagne, für Stahlhelmer (und die gleiche Anzahl für Mitglieder des Reichsbanners) reserviert, und tatsächlich nahmen Delegationen von Stahlhelm-Ortsgruppen aus dem gesamten Landesteil und dem benachbarten Preußen an dieser "Volksbelustigung" und diesem "Bauernfang" teil, wie es die sozialdemokratische Presse ausdrückte.

Am Wahltag brachte die örtliche Zeitung eine kleine, mit "Kampfgenosse Meier" unterzeichnete Notiz folgenden Wortlautes: "Stahlhelmer! Augen gerade aus. Wählt Liste Nr. 6!" Hierbei handelte es sich um die Nationalsozialisten. Aber auf der anderen Seite stand der Name des Kreisleiters Putensen an dritter (und letzter) Stelle auf der DNVP-Liste für den Landesteil Lübeck. Er wurde nicht gewählt; dennoch fiel der Stimmanteil der Nazis in Eutin fiel auf 47.45 Prozent zurück. [37]

Die Bad Harzburger Zusammenkunft von Delegationen vieler Organisationen und ihrer Leiter in der sogenannten "nationalen Opposition" am 11. Oktober 1931 stellte gewissermaßen den Höhepunkt der zur Schau getragenen Einigkeit der Nationalsozialisten mit ihren zeitweiligen Bundesgenossen - u.a. mit dem Stahlhelm - im Kampf gegen die


//14//

[Abb. 5: Mitteilung über die Teilnahme an der Beerdigung Karl Radkes]

Reichsregierung dar. Trotzdem scheint die Bildung der "Harzburger Front" an der Ortsgruppe in Eutin fast unbemerkt vorbeigegangen zu sein, [38] der dafür entsprechend die Desillusionierung über die geringen daraus folgenden praktischen Resultate erspart blieb. Im Gegensatz hierzu fanden Eutins Nazis und Stahlhelmer viele konkrete Dinge, in denen sie zusammenarbeiten konnten.

Zum einen nahmen Vertreter des Stahlhelm aus der Stadt und der Umgebung an den pompösen Begräbnisfeierlichkeiten für den SS-"Märtyrer" Karl Radke teil, der bei einem Zusammenstoß mit Reichsbanner-Angehörigen am 9. November 1931 in Eutin getötet worden war; ob aber irgendwelche Arbeitgeber, die Mitglied im Stahlhelm waren, SA-Standartenführer Böhmckers Aufruf befolgten und diejenigen ihrer Arbeiter bzw. Angestellten hinauswarfen, die der republikanischen Selbstschutzorganisation weiterhin angehörten, läßt sich nicht feststellen. [39] Weniger Aufmerksamkeit erregten Stahlhelmer und Nazis bei gemeinsamen Unterhaltungsabenden, um Gelder für Weih-


//15//

nachtsgeschenke für "Bedürftige aus nationalen Kreisen" und besonders Mittel für die Unterstützung der Arbeitslosen unter ihnen zusammenzubringen, damit sie die schwierigen Wintermonate überstehen konnten. [40]

Durch das Problem der Massenarbeitslosigkeit entstand ein wichtigerer Bereich der Zusammenarbeit zwischen NSDAP und Stahlhelm: der Freiwillige Arbeitsdienst (FAD). Im Sommer 1931 von der Reichsregierung ins Leben gerufen, wurde der FAD anfangs vom Stahlhelm - und mehr noch von den Nazis - mit Skepsis betrachtet, die statt dessen eine generelle Arbeitspflicht wollten, wohl als einen ersten Schritt zur Wiedereinführung einer allgemeinen Militärdienstpflicht. Vor dem Hintergrund seiner fortwährend erhobenen nationalistischen Forderung, daß Deutschland seine Wehrfähigkeit wiederherstellen müsse, und der Erfahrung des Stahlhelms mit der Durchführung von Wehr- und Geländesportübungen unter seinen jüngeren Mitgliedern, ging der Veteranenverband davon aus, er sei ideal geeignet, die amtlichen Stellen bei der Realisierung dieses Programmes zu unterstützen.

Als die Regierung des Landesteils Lübeck ihre Entscheidung bekannt gab, den Freiwilligen Arbeitsdienst innerhalb ihrer Region einzuführen, erklärte sich der Stahlhelm sofort dazu bereit, einer der sogenannten "Träger des Dienstes" zu werden, welche "Gruppen von Arbeitsdienstwilligen zusammenfassen und für die Arbeiten zur Verfügung stellen." Dabei beteiligten sich außer dem Stahlhelm die DNVP, die evangelische Kirche des Landesteils und - nach Überwindung ihres anfänglichen Widerstandes - die SA der Nazis in einer "Arbeitsgemeinschaft zur Förderung des FAD". Dieses Gremium wurde wegen seiner rechtslastigen Zusammensetzung von der SPD und ihrem "Träger des Dienstes", dem Reichsbanner, scharf kritisiert.

Kreisleiter Putensen wurde der erste Führer des Eutiner FAD, den er weniger aufgrund seiner ökonomischen Bedeutung (zumindest einigen jungen Menschen aus der Armee der Arbeitslosen eine Beschäftigung zu geben), sondern als Gelegenheit rühmte, sie aus Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung zu retten. Auf jeden Fall gab der FAD dem Stahlhelm die Gelegenheit zu praktischer Arbeit, die ihm möglicherweise bei der Verwirklichung seines wichtigsten Zieles nützen konnte: der Wiederherstellung des Deutschen Reiches als einem militärisch machtvollen und daher universell respektierten Staat. Im Landesteil Lübeck sollte der FAD jedoch schon vor 1933 statt dessen eines der Instrumente der NSDAP zur Errichtung ihrer Diktatur werden. [41]

Ungeachtet des mangelnden Erfolges seiner Versuche, Anfang 1931 durch einen Volksentscheid die Auflösung des preußischen Landtages und Neuwahlen herbeiführen zu helfen, beteiligte sich der Stahlhelm zum Jahreswechsel 1931/ 32 an einer ähnlichen, auf den Landtag in Oldenburg ausgerichteten Kampagne, die von der NSDAP initiiert wurde. Dieses Mal gehörte ausgerechnet die Kommunistische Partei des Freistaates zu den Verbündeten, und obwohl selbst mit dieser Hilfe nur 1.603 (34.51 Prozent) der wahlberechtigten Eutiner die Liste für den Volksvorschlag zeichneten und sich 2.069 (44.54 Prozent) in der Volksabstimmung schließlich für ein "Ja" entschieden, gab es doch problemlos genügend Unterstützung im Landes-


//16//

teil und anderswo, um die Landtagsauflösung zu erreichen. [42]

Die für ganz Oldenburg schicksalhafte Wahl wurde daraufhin für den 29. Mai angesetzt. Bevor es soweit war, gab es jedoch nicht nur eine, sondern zwei Schlachzen um die Reichspräsidentschaft, die die bis dahin praktizierte Kooperation des Stahlhelms mit den Nazis ernsthaft belasteten. Von Anfang an kritisierte der Veteranenbund die Uneinigkeit auf dem rechten Flügel des politischen Spektrums. "Der Stahlhelm", meinte der Eutiner Ortsgruppenführer am Ende seines Jahresberichtes für 1931, "bedauert immer wieder, daß engherzige Parteieinstellung und krasser Parteiegoismus die Zukunft der nationalen Bewegung mehr gefährden als eigene Fehler und Angriffe der wirklichen und gemeinsamen Gegner."

Dieser Vorwurf war - wie auch andere, die noch folgen sollten - unmißverständlich gegen die Nazis gerichtet, die der Stahlhelm aufgrund ihrer "maßlosen Forderungen" und des "unbedingten anmaßenden [...] hemmungslosen Diktaturanspruchs" (eine "schrankenlose Parteidiktatur Hitlers") für das Scheitern der Verhandlungen um einen gemeinsamen Kandidaten der "nationalen Opposition" für das Amt des Reichspräsidenten verantwortlich machte. Die Nazis, die sogar unwillig waren, die zukünftige Existenz des Stahlhelm zu garantieren, reagierten mit der Feststellung, daß die Stahlhelmer nach wie vor unfähig seien, Hitlers Sozialismus von demjenigen der Marxisten zu unterscheiden, und deshalb nicht einsehen könnten, daß es nach seiner angestrebten siebenjährigen Präsidentschaft "in Deutschland keinen Bolschewismus mehr geben" werde.

Genau wie die NSDAP entschloß sich der Stahlhelm schließlich, einen eigenen Kandidaten aufzustellen, und somit sein Ehrenmitglied von Hindenburg herauszufordern: es handelte sich dabei um Oberstleutnant a.D. Theodor Duesterberg, seit 1924 zweiter Bundesführer des Frontsoldatenverbandes. Der Stahlhelm erwartete dadurch, bei der Entscheidung für den nächsten Reichspräsidenten zumindest die ausschlaggebende Stimme zu haben. Zur Unterstützung Duesterbergs verbreitete die Eutiner Ortsgruppe in großer Zahl eine Broschüre mit dem Titel "Stahlhelm u. NSDAP: Soldatentum oder Parlamentarismus? Minderheit oder Masse?", die eine scharfe Trennungslinie zwischen den beiden Organisationen zog - die eine sei nur eine parlamentarische Partei, die die Massen anspreche und Mehrheit suche, die andere ein soldatisches Führungskorps nationaler Idealisten. Der NSDAP-Ortsgruppenleiter Saalfeldt für seinen Teil beschuldigte Duesterberg (der in Eutin gerade eben 10.24 Prozent der Stimmen erhielt, Hitler jedoch 47.1 Prozent), er habe sicherzustellen geholfen, daß ein zweiter Urnengang nötig wurde.

Angesichts dieser Konflikte sowie des Überfalls eines SA-Mitgliedes auf einen Schüler, der zum Jungstahlhelm gehörte, folgte die örtliche Führung dem Beispiel der Bundesleitung: sie verweigerte kategorisch die Unterstützung Hindenburgs, gab aber auch keine ausdrückliche Empfehlung an ihre Mitglieder, sich am 10. April für Hitler zu entscheiden. Nichtsdestoweniger taten viele Stahlhelmer in Eutin genau dies: Hitler gewann 54.58 Prozent der dortigen Stimmen. [43]


//17//

6. Gleichschaltung und Zwangseingliederung (1932 - 1934)

Die Landtagswahlen Ende Mai 1932, die der Stahlhelm herbeizuführen geholfen hatte und die die Nazis in Oldenburg und Eutin bis 1945 an die Macht brachten, kennzeichneten auch den Anfang vom Ende der unabhängigen Existenz des Veteranenbundes. Dies hatte die Stahlhelmer nicht überraschen müssen: in den gescheiterten Verhandlungen um einen Gemeinschaftskandidaten der Rechten, die der Präsidentschaftswahl voraufgegangen waren, hatte der Vertreter der Nazis, Hermann Göring, deutlich darauf hingewiesen, daß der Stahlhelm im kommenden Dritten Reich keine Zukunft als eigenständiger Organisation beschieden sei, und die Unterhändler des Verbandes hatten dies auch verstanden - was nicht der geringste Grund war, warum der Stahlhelm zum Schluß die Unterstützung von Hitlers Kandidatur verweigerte. [44]

Zwar setzte die Existenz einer nicht-nationalsozialistischen Reichsregierung bis zum 30. Januar 1933 gewisse Grenzen, innerhalb derer die NSDAP ihren Alleinherrschaftsanspruch in Oldenburg verwirklichen konnte; zweifellos resultierte z. T. hieraus die Unterstützung, die der Stahlhelm dem Papen-Kabinett erwies, wenn es auch noch nicht die "Regierung der 'nationalen Konzentration'" war, die der Veteranenbund wünschte. Dennoch führte der Stahlhelm seine Kooperation mit der SA auf praktischer Basis fort, nämlich in der Verwaltung des FAD. Aber in einem Bericht an Hitler faßte Böhmcker im September 1932 bündig die Atmosphäre zusammen, die zwischen den beiden paramilitärischen Organisationen herrschte: "Das Verhältnis [der SA] zum Stahlhelm ist seit Jahren das denkbar schlechteste." Dies galt allerdings nicht für Kreisleiter Putensen, der als Mitglied des Eutiner Stadtrates sich bereits de facto der Fraktion der NSDAP angeschlossen hatte, ihre diktatorischen Ambitionen unterstützte und als Belohnung zum stellvertretenden Vorsitzenden des Gemeindeparlamentes gewählt worden war.

Nachdem sich der Stahlhelm hinsichtlich der Reichstagswahl vom Juli 1932 bis auf die Durchführung einer Parade zum 50. Geburtstag Franz Seldtes weitgehend passiv verhalten hatte, appellierte er anläßlich der Wahl am 6. November 1932 an seine Mitglieder, nicht die regierungsfeindliche "braun-schwarz-rote Koalition" zu unterstützen, ein Aufruf, der von den "alten Kameraden des nationalen Freiheitskampfes" in der SA entrüstet zurückgewiesen wurde. [45]

Der Eutiner Stahlhelm ging daher mit derselben ambivalenten Einstellung zum Nationalsozialismus ins Dritte Reich hinein, die er schon in den drei vorhergehenden Jahren gezeigt hatte. Er wollte eine autoritäre Staatsführung, aber keine Diktatur Hitlers. Diese innere Entzweiung machte ihn während des sofort einsetzenden Gleichschaltungsprozesses zu einer leichten Beute.

Angesichts der spannungsgeladenen Beziehungen zwischen den Nazis und dem örtlichen Stahlhelm beteiligte sich dieser in der Nacht des 30. Januar 1933 nicht an der Eutiner Siegesparade zur Feier von Hitlers Ernennung zum Reichskanzler und zur Einsetzung der sogenannten "Regierung der nationalen Konzentration", zu der auch Franz Seldte als Arbeitsminister gehörte. Offenbar


//18//

[Abb. 6: Anzeiger für das Fürstentum Lübeck, 4. März 1933]

dieselben Spannungen verhinderten auch, daß Eutiner Stahlhelmer - wie sonst in Oldenburg und anderswo praktiziert - neben SA-Angehörigen als "Hilfspolizisten" eingestellt wurden, um jegliche Widerstandsregung gegen die neue Reichsregierung niederschlagen zu helfen.

Solche Ausgrenzungen schienen manchmal eher willkürlich und kleinlich gewesen zu sein; beispielsweise wurde der Eutiner Stahlhelm - entgegen der Anweisung des Reichsinnenministeriums - durch den nationalsozialistischen stellvertretenden Bürgermeister im Juni 1933 "zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung" von der Teilnahme am "Fest der Jugend" (auf dem u.a. "ein Haufen gesammelter jüdischer Schmutzliteratur aller Art" feierlich verbrannt wurde) ausgeschlossen. Der Grund dafür war das angeblich "provozierende Verhalten", das einige seiner Mitglieder während eines kurz zuvor erfolgten Ausmarsches gezeigt hatten. [46] Auf diese Weise entgingen sie zumindest einigen Aktionen des turbulenten Jahres 1933, die nach 1945 ihren Teilnehmern zum Verhängnis wurden. Doch in der Regel unternahmen der Stahlhelm ebenso wie die DNVP jede Anstrengung, um zu zeigen, daß sie als Repräsentanten derjenigen "Kräfte innerhalb der nationalen Front" zur neuen Regierungskoalition gehörten, die nicht in der Hitlerpartei standen. "Unter den bisherigen Meinungsverschiedenheiten soll ein Strich gemacht werden", erklärte Kreisführer Putensen vor seinen Kameraden. Und er persönlich gab den Ton an für diesen neuen Geist der Zusammenarbeit bei der Kampagne zur Reichstagswahl am 5. März, auch wenn der Stahlhelm das Dritte Reich nicht mit solchen parteipolitischen Streitigkeiten hatte beginnen wollen.

Putensen und seine nationalistischen Verbündeten der sogenannten "Kampffront Schwarz-Weiß-Rot" spielten eine aktive Rolle im Wahlkampf, von dem sie wußten, daß er für viele Jahre in Deutschland der letzte sein würde. Höhepunkt war ein großes Konzert am Vorabend der Wahl sowie ein Fackelzug zum "Tag der erwachenden Nation" mit Reden von Hitler - die aus Königs-


//19//

berg übertragen und mittels einer Lautsprecheranlage auf dem Marktplatz ausgestrahlt wurde - sowie von Regierungspräsident Böhmcker und Putensen.

Der Kreisführer (sein Titel hatte nun einen Anstrich von Nazi-Terminologie) lobte die Kundgebung, "die in ihrer Gemeinsamkeit als ein äußeres Zeichen des Tages der erwachenden Nation bei allen vaterländisch gesinnten Kreisen zu bewerten sei. [...] Jetzt haben [...] endlich wieder die feldgrauen Soldaten des großen Krieges und die Kämpfer der deutschen Freiheitsbewegung getreu dem Beispiel ihrer Führer in kameradschaftlichem Geiste die Hände ineinander gelegt, um gemeinsam den größten Kampf für Deutschlands Ehre durchzufechten. [...] Nachdem wir uns im soldatischen Denken getroffen, werden wir jetzt auch in Einigkeit die große vaterländische Aufgabe lösen können, die unser greiser Reichspräsident und Generalfeldmarschall v. Hindenburg in unsere Hände gelegt hat. [...] In eindringlichen Worten ermahnte [Putensen] zum Schluß nochmals, fest zusammenzustehen, denn ein großes Werk gedeiht nur durch Einigkeit." Um das Bild zu vervollständigen, beteiligte sich der Stahlhelm dann an dem Fackelzug durch die Straßen von Eutin, um die feierliche Eröffnung des neugewählten Reichstages in der Garnisonskirche zu Potsdam zu begehen. [47]

Dieser Grad gemeinsamer Unterstützung hielt mehr oder weniger ununterbrochen während des Frühjahres und Sommers 1933 an. Als Teil der Regierung in Berlin bekam der Stahlhelm seinen Anteil an Vergünstigungen wie etwa die Bevorzugung ihrer "alten Kämpfer" (also jener vor dem 30. Januar 1933 eingetretenen Mitglieder) bei der

[Abb. 7: Anzeiger für das Fürstentum Lübeck, 23. März 1933]

Zuteilung neuer Arbeitsstellen mit dem Argument, daß sie "ihre ganze Kraft für die nationale Bewegung eingesetzt und infolgedessen vielfach ihre eigene Arbeitssuche selbstlos zurückgestellt" hätten. Stahlhelm-"Vorkämpfer für die nationale Freiheit" aus den Großstädten erhielten Zuwendungen aus der "Hitler-Spende" anläßlich seiner Geburtstagsfeier am 20. April, die kostenlose Aufenthalte auf Bauernhöfen in Ostholstein ermöglichte.

Im Gegenzug entsandte der Stahlhelm Delegationen, die beim ersten von dem neuen Regime durchgeführten "Tag der nationalen Arbeit" am 1. Mai und wierum drei Monate später beim "Eutiner Volksfest" aufmarschierten, einem traditionellen Ereignis, das die Nazis in eine Propagandaveranstaltung für ihre neuentstandene Volksgemeinschaft umwandelten. Ähnliche Paraden des Veteranenbundes allein wie z. B. Gefallenen-


//20//

[Abb. 8: Politische Werbung auf einer Schokoladenverpackung]


//21//

ehrungen wurden ohne Zwischenfälle durchgeführt. Stahlhelmer nahmen gemeinsam mit ihren NS-Kameraden in braunen oder schwarzen Hemden an nationalistischen Theateraufführungen teil, und Stahlhelm-Figuren wurden zusammen mit SA-Männern und Hitlerjungen auf Schokoladenpackungen abgebildet, die man auch in Eutiner Läden kaufen konnte. [48]

Keine dieser Gemeinsamkeiten konnte jedoch die organisatorische Unabhängigkeit des Stahlhelm sichern; im Gegenteil, sie könnte seine Gleichschaltung beschleunigt haben, indem sie die wenigen verbliebenen Unterschiede zwischen den Nazis und den Mitgliedern des Veteranenbundes herunterspielten. Ungeachtet Walter Putensens Versicherung vom Februar ("selbstverständlich bleibt der Stahlhelm auch in der neuen Phase des politischen Kampfes ein eigener politischer Körper") mehrten sich Mitte des Sommers 1933 die Zeichen dafür, daß die Nazis endlich ihre Drohung wahrzumachen beabsichtigten, die vielgepriesene Unabhängigkeit des Stahlhelm zu beenden.

Der erste Hinweis auf dieses Schicksal war das Verschwinden des "Scharnhorstbundes", der Jugendabteilung des Jungstahlhelm mit rund 300 Mitgliedern im Landesteil Lübeck, darunter zehn auf dem Eutiner Gymnasium (von denen eines im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen 1932 von einem Nazi angegriffen worden war). Mit der Begründung einer vorgeblichen "marxistischen Überfremdung" wurde der "Scharnhorstbund" zusammen mit anderen nationalistischen Jugendorganisationen Ende Juni 1933 aufgelöst; seine Mitglieder wurden in die Hitlerjugend eingegliedert. [49]

Der Stahlhelm-Frauenbund entging nur zeitweilig einer ähnlichen Übernahme - in diesem Fall in die NS-Volkswohlfahrt - mit dem fadenscheinigen Argument, daß es sich dabei um keine unabhängige Einrichtung handelte, sondern die Frauengruppe statt dessen direkt den jeweiligen Landesführern des Soldatenbundes unterstellt war. [50]

Noch beängstigender waren die Warnungen, Verhaftungen und "Schutzhaft"-Arreste einzelner Stahlhelmer in Böhmckers eigenem Eutiner Konzentrationslager (das sich zuerst im Stadtgefängnis befand); sie hatten es gewagt, sein Regime zu kritisieren oder waren anderweitig von der Nazi-Politik abgewichen. Eine dieser Personen war Professor Dr. Wilhelm Genz, ein älterer Oberstudienrat, der in mehreren rechtsgerichteten Organisationen gearbeitet hatte und seit 1925 Mitglied des Stahlhelms war. Er wurde der Aussage bezichtigt, daß der Veteranenbund immer noch eine Aufgabe wahrzunehmen habe, "und zwar die heutigen Bonzen aus ihren Ämtern wieder herauszuholen", worauf Böhmcker mit der Verhängung einer Geldbuße in Höhe von 50 RM reagierte und Genz verwarnte, daß er "auf jeden Fall größte Zurückhaltung für die Zukunft üben müsse, die Regierung würde sonst nicht eine derartige weite Rücksicht auf ihn nehmen können, wenn seine nationale Einstellung auch außer Frage stände." [51]

So wurden nicht einmal Leute mit einwandfreier ideologischer Einstellung (oder, wie Professor Genz, auch ein ehemaliger Lehrer des Regierungspräsidenten) von einer Bestrafung wegen politischer "Vergehen" ausgenommen. Im Juli 1933 wurden ein halbes Dutzend prominente Eutiner, die der kurz


//22//

zuvor aufgelösten DNVP (dem ehemaligen Verbündeten der NSDAP im Reichskabinett) angehört hatten, vom ersten Gestapochef der Stadt - einem einstigen Mitglied des Jungstahlhelms - festgenommen und zu den überwiegend "marxistischen" Gefangenen in das örtliche Schutzhaftlager gebracht, weil sie versucht haben sollten, die Partei insgeheim am Leben zu erhalten.

Einer von ihnen war der Mandantar und Rechtsberater Max Limburg, der frühere Kreisgeschäftsführer des Stahlhelm und ein enger Verbündeter von Putensen. Obwohl Limburg und seine deutschnationalen Mithäftlinge anständig behandelt und bald freigelassen wurden, [52] und obwohl fast am selben Tag der Minister des Inneren in Oldenburg Stahlhelmern generell dieselbe Befugnis wie Angehörigen der SA und SS zugestand, Personen in Schutzhaft zu nehmen, die beim Verüben politischer Verbrechen überrascht wurden, [53] wurde diese Uneindeutigkeit im Status des Stahlhelm als Organisation - Bundesgenosse der NSDAP oder Sammelpunkt ihrer Gegner - alsbald beendet.

Bereits Ende März 1933 versprach der damalige Ministerpräsident und Innenminister von Oldenburg, Gauleiter Carl Röver, dem Stahlhelm, er werde in seinem Amtsgebiet nicht verboten, bestimmte aber zugleich, daß weder er noch die SA oder die SS ehemalige Angehörige von SPD, KPD, Reichsbanner oder anderen "marxistischen" Organisationen in ihre Reihen aufnehmen dürften. Eine ähnliche Mitgliedersperre wurde gleichzeitig von der Stahlhelmführung für Schleswig-Holstein erlassen. Im Landesteil Lübeck konnte Regierungspräsident Böhmcker Ausnahmen von dieser Verfügung genehmigen; sie wurde jedoch erst im Juli förmlich aufgehoben. [54]

Die Befürchtung war eindeutig, daß - vielleicht besonders im Falle des Stahlhelm - linksgerichtete Anti-Nazis den Versuch unternehmen könnten, den noch nicht zur NSDAP gehörenden wichtigsten Wehrverband zu unterwandern. Im Laufe der Monate nahm die Eutiner Ortsgruppe weitere Mitglieder auf, bis sie schließlich 183 Kameraden zählte. Ihrem Führer zufolge kamen die Neulinge "aus allen Ständen und Berufsschichten"; viele von ihnen waren Arbeitnehmer, "die früher einmal anderen Ideen nachgegangen seien."

Die Tatsache, daß er dann vor allem die Leitung der Sozialdemokratie kritisierte, sie würde willentlich die deutschen Massen "korrumpieren", deutet darauf hin, daß die meisten der Neumitglieder aus jenen Reihen stammten. Er schloß mit der Ankündigung, daß 45 zusätzliche Jungstahlhelmer - immerhin Männer bis zum 35. Lebensjahr - in Kürze eingeschworen werden würden und daß sogar noch mehr Beitrittsgesuche auf Überprüfung warteten: der "Stahlhelm [...] wächst heute wieder stark." [55]

Diese Feststellung war bestimmt keine gute Nachricht für die rivalisierenden Nationalsozialisten, wozu im Landesteil Lübeck vor allem die SA gehörte. Obwohl Franz Seldte am 27. April 1933 persönlich in die NSDAP eingetreten war und zugleich den von ihm gegründeten Soldatenbund "als geschlossene Einheit" Hitler unterstellt hatte, behielt er in Wirklichkeit einen wesentlichen Grad an Selbständigkeit.

Während sich Verhandlungen über die Modalitäten der Eingliederung des Stahlhelm in die SA, an der außer Vertretern beider Seiten auch mehrere Mit-


//23//

[Abb. 9: Zwangsweise in die SA eingegliederte Stahlhelm-Mitglieder]

glieder des Kabinettes (z.B. Reichswehrminister Blomberg) teilnahmen, über den Sommer erstreckten, [56] entschloß sich in Eutin Brigadeführer und Regierungspräsident Böhmcker zur Beschleunigung der Angelegenheit, indem er die sofortige Klärung der Lage forderte, die zu lange in der Schwebe gewesen sei: "Der jetzige Zustand führt wieder zu Unerquicklichkeiten, die nur mit vieler Mühe vor einiger Zeit überbrückt sind." Obwohl er nicht genauer darlegte, welche Konflikte er damit meinte, wird es sich dabei zweifellos um die Forderung der Stahlhelm-Führung gehandelt haben, dieselben Ränge und Kommandopositionen einzunehmen, die auch Böhmckers SA-Untergebene innehatten. "Einen selbständigen Standartenführer des Stahlhelms bin ich auf meinem Gebiete nicht zu dulden verpflichtet." [57]

Im Endeffekt wurden Böhmckers Forderungen exakt erfüllt. Im Rahmen einer am 17. September 1933 öffentlich auf dem Eutiner Marktplatz abgehaltenen Zeremonie, die als "eine Feier von geschichtlicher Bedeutung im Ablauf der nationalsozialistischen Revolution" beschrieben wurde, aber eher dazu angelegt war, die Bedeutung der vorangegangenen Entwicklung vor der großen Gruppe Schaulustiger zu verbergen anstatt offenzulegen, wurde ein neuer, 900 Mann starker "Stahlhelm-Sturmbann" aus Männern des gesamten Landesteils gebildet und der örtlichen SA-Standarte angegliedert. Die Stahlhelmer waren gewarnt worden: jene, "die nicht an der Feier teilnehmen, gelten als nicht übernommen und scheiden aus dem Stahlhelm aus."

Major a.D. Freiherr von Uslar-Gleichen aus Bad Schwartau, seit Mitte Mai 1933 der Kreisführer des Stahlhelm, nachdem Walter Putensen offiziell der NSDAP beigetreten war, erklärte, die


//24//

"Eingliederung in die Formation der SA ist um so leichter, da die Idee und die Ziele die gleichen waren." Böhmcker setzte hinzu, daß hiermit "das Prinzip der Totalität" angewandt worden sei, das dem inneren Feind den Mut nehmen werde, irgendeine andere Politik anzustreben als die des Nationalsoziaismus. Der Eid, den der neue Sturmbann auf den Führer ablegte, war ein Akt, "der dem versteckten Feind zeigen soll, daß die Kraft des Volkes zu uns herüberkommt." [58]

Die Erwartung oder Hoffnung, daß diese Zeremonie, "die mit ihrem nachhaltigen Eindruck allen Beteiligten fürs Leben in Erinnerung bleiben wird", auch die letzten Reste von Rivalität zwischen Stahlhelm und Nazis beilegen werde, wurde nur teilweise erfüllt. Zum einen behielten die älteren, über 35jährigen Mitglieder des Stahlhelm für einige Monate ihre Eigenständigkeit, bis auch sie Anfang 1934 als "SA-Reserve I" in die Hitlerbewegung integriert wurden. Doch selbst jetzt wurden noch einzelne Mitglieder des Stahlhelm, der im März in "Nationalsozialistischer deutscher Frontkämpfer-Bund (Stahlhelm)" oder NSDFB umbenannt wurde, weiterhin für Kritik am Regime in Schutzhaft genommen, unter ihnen der stellvertretende Leiter im Landesteil Lübeck. Der Stahlhelmfrauenbund hatte eine gleichermaßen dürftige Beziehung zur NS-Frauenschaft. Auf Seiten der Nazis blieben die Animositäten gegenüber "diesen ganzen reaktionären Blasen" stark, wie im Juni 1934 die Verbalattacke eines Eutiner SA-Führers gegen Einheiten des Stahlhelms und andere militärische Organisationen anläßlich eines großen Ummarsches in Flensburg demonstrierte. Es war daher nicht überraschend, daß die Gestapo-Stelle in Eutin eine Akte über den Stahlhelm führte, wie sie es auch hinsichtlich zahlreicher anderer rechts- und linksgerichteter Gruppen für den Fall tat, daß sie nach ihrer Auflösung oder Gleichschaltung erneut aktiv werden würden. Leider ging diese Akte nach 1945 verloren. [59]

Alles in allem zeigten sich der ehemalige Veteranenbund und seine Angehörigen dem Dritten Reich gegenüber loyal. Beispielsweise unterstützten sie sowohl Hitlers Entscheidung vom Herbst 1933, aus dem Völkerbund auszutreten, wie auch die Regierung in der folgenden Reichstags"wahl" und dem Plebiszit. Und der NSDFB versuchte auch nicht, im Juni 1934 aus der sogenannten "Röhm-Krise" ihren Vorteil zu ziehen, um der Unterordnung unter die SA zu entgehen; auf jeden Fall besaß er keine Waffen, um so etwas zu tun.

Mehr noch: seit September 1933 gehörte einer der Stahlhelm-Führer im Raum Eutin, seine Königliche Hoheit, der Erbgroßherzog Nikolaus von Oldenburg, im Rang eines SA-Standartenführers zu Böhmckers Stab und hatte die Aufgabe, den Eingliederungsprozeß durchzuführen, was er offenbar ohne ernsthafte Störungen erledigte. Nach allen vorliegenden Informationen entwickelte dieses unterschiedliche Paar eine freundschaftliche Beziehung: Böhmcker fühlte sich geschmeichelt, den Erbgroßherzog zum Brigadeadjutanten zu haben, während es Nikolaus gefiel, im Vorstand des vom Regierungspräsidenten ins Leben gerufenen "Eutiner Dichterkreises" zu fungieren und die vornehmen Räumlichkeiten seines Schlosses in der Stadt für literarische Zusammenkünfte zur Verfügung zu stellen. [60]

Aber die gegenseitige Achtung der


//25//

beiden Führer konnte letztendlich die Zwänge der Hitlerdiktatur nicht aufwiegen. Noch im August 1934 erklärte die NSDFB-Ortsgruppe Eutin anläßlich des Todes ihres Schirmherrn, Reichspräsident von Hindenburg, daß "doch dieser alte narbenbedeckte Frontsoldatenbund auch heute sich seiner Sendung für den Aufbau einer glücklichen Zukunft bewußt [ist,] wie er stets Wegbereiter des neuen nationalen Werdens war." Und ähnlich hieß es in ihrer im Sinne des Führerprinzips revidierten dritten (und letzten) Satzung vom März 1935 bezüglich seiner Zwecke unverändert im Wortlaut von 1931: "a) Befreiung des Vaterlandes und Wiederaufbau auf Grund einer deutschen Volksgemeinschaft, b) Pflege der Frontkameradschaft, Unterstützung bedürftiger Kameraden, c) Pflege vaterländischer Gesinnung."

Im Urteil der Gestapo diente allein schon die bloße Weiterexistenz des NSDFB "nur der Zersplitterung der Kräfte". Daher ordnete Hitler am 7. November 1935, dem Tag, als die ersten Rekruten der neuen Wehrmacht vereidigt wurden, die Auflösung des NSDFB an.

In Eutin fand der Schlußappell auf Anordnung der Polizei und im Beisein eines ihrer Beamten "als geschlossene Veranstaltung" im Voßhaus statt, der altehrwürdigsten Gaststätte der Stadt. Ein Bericht über seinen Verlauf ist nicht überliefert; jedenfalls wurden seit 1936 die zehn Fahnen des Stahlhelm des Landesteils Lübeck in der Eutiner Stadtkirche aufbewahrt. [61]

7. Schluß

In einem Brief an den Verfasser beschrieb Dr. Adolf Philippson vor genau einem Vierteljahrhundert den Stahlhelm als "an sich unpolitisch"; allerdings "könnte man seine Haltung als politisch rechts bezeichnen", und daher sei er für die Linksparteien "unsympathisch" gewesen. Studienrat Philippson, laut eigener Einschätzung "national eingestellt" und vor 1933 ein Redner bei Stahlhelmversammlungen in Eutin, bis er in dem Jahr aufgrund § 3 des "Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" aus seiner Anstellung als Lehrer entlassen wurde (sein Großvater väterlicherseits war Jude), [62] repräsentiert in seiner Person und seinen noch lange nach 1945 vertretenen Ansichten viele der fundamentalen Widersprüche, die man im Stahlhelm findet. So war der Soldatenbund seit seiner Gründung sowohl politisch und überparteilich: sein Anliegen war, den Einfluß deutscher Kriegsveteranen im politischen Leben des Landes spürbar zu machen, während er sich vom aktuellen politischen Tagesgeschäft der Weimarer Republik distanzierte. Er nahm dementsprechend gegenüber der Revolution von 1918/19 und den dahinterstehenden Parteien eine ablehnende Haltung ein - vor allem hinsichtlich der Kommunisten, doch auch mit fastvergleichbarem Haß der Sozialdemokratie. Der Stahlhelm verabscheute den Parlamentarismus, also Demokratie im Sinne von Wahlen, sowie Pazifismus in allen seinen Formen, dessen deutsche Vertreter bei jeder sich bietenden Gelegenheit angegriffen wurden.

Als Kontrastprogramm hielt der Stahlhelm das vage Ideal apolitischer nationalistischer Grundsätze hoch, nämlich eines geheimnisvolle auf Grund der Fronterlebnisse der Soldaten des Ersten


//26//

Weltkrieges geeinten deutschen Volkes. Während ursprünglich alle diese Veteranen als Stahlhelmmitglieder zugelassen waren, hieß es ab 1924: "Juden können nicht in den Stahlhelm aufgenommen werden." Daher konnte Adolf Philippson ungeachtet seiner starken nationalen Einstellung, die ihn als Vortragenden zu den Appellabenden lockte, nie in den Bund eintreten - vermutlich wegen seiner jüdischen Herkunft (er überlebte das Dritte Reich als Buchhändler in Berlin und kehrte 1945 in seine Stelle als Lehrer nach Eutin zurück). [63]

Auf jeden Fall teilte der Stahlhelm den Antisemitismus und viele andere ideologische Positionen mit der NSDAP. Ihre Rivalität stammte - wie diejenige zwischen KPD und Sozialdemokraten - größtenteils aus der Konkurrenz um denselben politischen Raum und um die gleichen potentiellen Anhänger im Zwischenkriegsdeutschland. Doch gleichzeitig kämpfte der Stahlhelm noch nach 1933 zumindest um einige Reste seiner einstigen unabhängigen Existenz. Allerdings vergeblich: Hitler und seine Nazis waren weit begabter und rücksichtsloser im Einheimsen der Erfolge einer überparteilichen Politik.

8. Anmerkungen

1. Noch immer als Gesamtdarstellung unübertroffen ist Volker R. Berghahn: Der Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten 1918 - 1935. Düsseldorf 1966; siehe auch James M. Diehl: Paramilitary Politics in Weimar Germany. Bloomington/Indiana 1977.

2. Siehe Berghahn, Stahlhelm, S. 13ff. zu den Anfängen des Bundes. Seldte (1882 - 1947), ein wohlhabender Industrieller, der im Ersten Weltkrieg einen Arm verloren hatte und das Eiserne Kreuz erster und zweiter Klasse besaß, wurde nach 1933 sowohl Reichsarbeitsminister als auch SA-Obergruppenführer und Leiter des gleichgeschalteten NS-Deutschen Frontkämpferbundes (dem ehemaligen Stahlhelm). Siehe Robert Wistrich: Who's Who in Nazi Germany. London 1982, S. 284.

3. Schleswig-Holsteinisches Landesarchiv Schleswig (LAS), Abt. 260, Nr. 17455: Eingabe an Ministerpräsident Tantzen und Schriftwechsel mit dem Oberpräsidenten in Kiel und dem Polizeiamt Lübeck, 9. - 29.8. 1922.

4. Lawrence D. Stokes: The Social Composition of the Nazi Party in Eutin 1925 - 32. In: International Review of Social History 23 (1978). S. 12.

5. LAS Abt. 355 Eutin, Nr. 159: Der Stahlhelm Bund der Frontsoldaten, Ortsgruppe Eutin, Satzung vom 4. September 1923.

6. LAS 355/159: Satzung vom 9. Januar 1931.

7. Anzeiger für das Fürstentum Lübeck (Eutin) [künftig als AFL zitiert] Nr. 14 vom 17.1.1929; auch LAS 355/159.

8. Stokes, Social Composition, S. 20f.

9. AFL Nr. 33 vom 8.2.1931 sowie LAS 260/18019: Mitgliedsliste vom April 1931. Der mit dem Stahlhelm verbündete "Scharnhorstbund deutscher Jungmannen" zählte Ende 1927 85 Mitglieder. AFL Nr. 252 vom 27.10.1926 und Nr. 293 vom 15.12.1927.

10. Die Namen und Berufe der aufeinanderfolgenden Mitglieder des Ortsgruppenvorstandes sind der Dokumentation im LAS zu entnehmen (355/159); siehe auch Adreßbuch (Einwohnerbuch) für Eutin und den gesamten Landesteil Lübeck (Landesteil des Freistaates Oldenburg) 1932, Kiel und Eutin 1932. Weitere sieben Mitglieder des Vorstandes können berufsmäßig nicht mit Sicherheit identifiziert werden.

11. Obwohl es den Nazis gefiel, den Stahlhelm wegen seiner behaupteten "Verseuchung" mit Juden anzugreifen, tatsächlich ging die ursprüngliche Offenheit gegenüber allen Frontsoldaten ungeachtet ihrer Religion 1924 auf massiven Druck der eigenen antisemtischen Mitglieder unter Seldtes Stellvertreter Theodor Duesterberg in eine Politk der Ausgrenzung über; Duesterbergs eigene jüdische Abstammung wurde erst 1932 aufgedeckt. Als Konvertit konnte Seckels Mitglied bleiben und war sogar für die jährlichen Schießwettbewerbe des Bundes zuständig. Siehe Berghahn, S. 65ff und 241ff. sowie Lawrence D. Stokes: Kleinstadt und Nationalsozialismus. Ausgewählte Dokumente zur Geschichte von Eutin 1918 - 1945, Neumünster 1984, S. 717 und 741.

12. AFL Nr. 243, 245, 252 und 288 vom 17.10., 19.10., 27.10. und 9.12.1923 bzw. Nr. 161 vom 12.7.1924.

13. Siehe Lawrence D. Stokes: Die Anfänge des Eutiner Reichsbanners (1924 - 1929/30). In: Demokratische Geschichte 3 (1988). S. 335ff.

14. AFL Nr. 158 und 166 vom 9.7. bzw. 18.7.1924.

15. Stadtarchiv Eutin (SAE), Akte Nr. 3839, und AFL Nr. 145 vom 24.6.1925.

16. Siehe Lübecker Volksbote (LV) Nr. 298 vom 20.12. 1924; die führende sozialdemokratische Zeitung in der Gegend deckte die Mitarbeit der Stahlhelmer vor der Wahl auf, welche man zu verbergen gesucht hatte.

17. Berghahn S. 74.


//27//

18. AFL Nr. 256 vom 31.10.1925 und Nr. 17, 29 und 212 vom 21.1., 4.2. und 10.9.1926 sowie Nr. 61, 104 und 156 vom 13.3., 5.5. und 7.7.1927.

19. AFL Nr. 256 vom 1.11.1927 und Nr. 237 vom 7.10.1928.

20. Stokes, Kleinstadt, S. 34, 45f., 842ff.

21. Siehe deren Biographien bei Stokes, Kleinstadt, S. 288f und 291 - 295.

22. Stokes, Kleinstadt, S. 788f. und LAS Abt. 352, Landgericht Lübeck, Nr. 503: Prozeß Dr. med. W. Saalfeldt, Schreiben von Oberstudiendirektor W. Harders, 11.9.1937.

23. Stokes, Kleinstadt, S. 56f.; vgl. auch Berghahn, S. 126.

24. LAS Abt. 399 Nr. 6, Nachlaß von J. H. Böhmcker, Akte "Stahlhelm": AFL Nr. 48 vom 26.2.1929; Schreiben von Hitler an die Bundesleitung des Stahlhelm, o.D. (11.5.1929); Schleswig-Holsteinische Tageszeitung (Itzehoe) vom 7.6.1929; Völkischer Beobachter Nr. 182 (?) vom 21.8.1929 und Der Angriff (Berlin) Nr. 38 vom 23.9.1929.

25. AFL Nr. 87, 110 und 190 vom 14.4., 12.5. und 15.8.1929 sowie SAE Nr. 3839, Schreiben v. d. Stadtmagistrat Eutin a. d. Stahlhelm Ortsgruppe Eutin betr. Beflaggung des Rathauses anläßlich des Jungstahlhelmtages, 22.4.1929.

26. Diehl S. 265 und 267f.

27. LAS 399.6: Akte "Prozeß Böhmcker/Kuhrt" und 355/124: Prozeß Böhmcker/Kuhrt vor dem Amtsgericht Eutin wegen öffentlicher Beleidigung; AFL Nr. 195, 196, 212, 223 und 266 vom 21.8., 22.8., 10.9., 22.9. sowie 12.11.1929; LAS 260/20337; "Bescheinigung" von SA-Brigadeführer und Regierungspräsident Böhmcker für Turnlehrer Hermann Kuhrt, 9.10.1934 sowie Stokes, Kleinstadt, S. 36, 81 - 87.

28. Stokes, Kleinstadt, S. 29 (Tabelle 7) und 91; siehe auch Klaus Schaap: Die Endphase der Weimarer Republik im Freistaat Oldenburg 1928 - 1933, Düsseldorf 1978, S. 105f.

29. AFL Nr. 31 und 36 vom 6. und 12.2., Nr. 87 und 99 vom 12.4 und 29.4.1930 sowie Stokes, Kleinstadt, S. 95f.

30. AFL Nr. 130, 175 und 189 vom 5.6., 29.7. und 14.8.1930.

31. Stokes, Kleinstadt, S. 24 (Tabelle 2).

32. Stokes, Kleinstadt, S. 28 (Tabelle 6) und AFL Nr. 232 vom 3.10.1930.

33. AFL Nr. 262, 272 und 275 vom 7., 19. und 23.11. 1930 sowie LV Nr. 271 vom 20.11.1930.

34. Stokes, Kleinstadt, S. 27 (Tabelle 5), 121, 123 und AFL Nr. 280 und 281 vom 29. und 30.11.1930.

35. AFL Nr. 282 vom 2.12.1930 bzw. Nr. 10 und 234 vom 13.1. und 6.10.1931 sowie Stokes, Kleinstadt, S. 145, 147ff. und 190.

36. AFL Nr. 56, 88, 92, 180, 181, 186 und 190 vom 7.3., 16.4., 21.4., 4.8., 5.8., 11.8. und 15.8.1931.

37. Stokes, Kleinstadt, S. 26 (Tabelle 4), 39, 161, 165, 170 und 172.

38. Berghahn, S. 179 - 186; vgl. Stokes, Kleinstadt, S. 198 und 200.

39. LAS 260/17604: Schreiben v. Walter Putensen a. d. Regierung in Eutin, 11.11.1931; Stokes, Kleinstadt, S. 225, 233 und 653; Lawrence D. Stokes: Der Fall Radtke. Zum Tode eines nationalsozialistischen "Märtyrers" und die Folgen in Eutin, 1931 - 1933. In: E. Hoffmann und P. Wulf (Hrg.): "Wir bauen das Reich". Aufstieg und erste Herrschaftsjahre des Nationalsozialismus in Schleswig-Holstein, Neumünster 1983, S. 41 - 72, bes. S. 53.

40. AFL Nr. 264, 288 und 291 vom 10.11., 9.12. und 12.12.1931 sowie Stokes, Kleinstadt, S. 247 und 249.

41. Lawrence D. Stokes, Das Eutiner Schutzhaftlager 1933/34. Zur Geschichte eines "wilden" Konzentrationslagers. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 27 (1979), S. 570 - 625, insb. S. 576ff. und die dort angegebenen Quellen; siehe auch AFL Nr. 206, 216, 235, 236, 261 und 299 vom 3.9., 15.9., 7.10., 8.10, 6.11. und 22.12.1931 bzw. Nr. 81 vom 7.4.1932, ferner Stokes, Kleinstadt, S. 40, 243 und 635f.

42. Stokes, Kleinstadt, S. 29 (Tabelle 7), 41, 257ff.

43. Stokes, Kleinstadt, S. 25 (Tabelle 3), 277f., 281, 283, 285 und 287; AFL Nr. 6, 39, 54, 56, 59, 61, 62, 81, 84, 86 und 87 vom 8.1., 16.2., 4.3., 6.3., 10.3., 12.3., 13.3., 7.4., 10.4., 13.4. und 14.4.1932; LV Nr. 81 und 86 vom 7.4. und 13.4.1932; SAE Nr. 3238: Stahlhelm u(nd) NSDAP [Broschüre], LAS 355/133: Beiakte Lippelt/Haß, 2. - 4.2.1932.

44. Berghahn, S. 206.

45. Stokes, Kleinstadt, S. 318, 334, 350, 356 und AFL Nr. 133, 151, 152, 188, 197, 221, 246, 248, 259, 262 und 289 vom 9.6., 30.6., 1.7., 12.8., 23.8., 20.9., 19.10., 21.10., 3.11., 6.11. und 9.12.1932 sowie Nr. 13 vom 15.1.1933, ferner SAE Nr. 3238: Vermerk der städtischen Polizei, 30.6.1932: "Der Fackelzug verlief reibungslos."

46. SAE Nr. 3482: Schreiben v. d. Polizeibehörde Eutin an Turnlehrer Kuhrt vom 24.6.1933 und AFL Nr. 147 vom 27.6.1933 sowie Stokes, Kleinstadt, S. 384f., 392, 448ff.

47. Stokes, Kleinstadt, S. 373, 386ff. und AFL Nr. 37, 54, 56 und 70 vom 12.2., 4.3., 7.3. und 23.3.1933 sowie SAE Nr. 3238.

48. Stokes, Kleinstadt, S. 378, 430, 432f., 435f. 482; AFL Nr. 70, 75, 100, 107 und 155 vom 23.3., 29.3., 29.4., 9.5. und 6.7.1933; SAE Nr. 3168: Protokolle d. Sitzungen d. Stadtmagistrats am 16. und 23.5.1933; LAS 352/909: Verfügung des Staatsministeriums in Oldenburg, 29.5.1934; LAS 260/17605 sowie SAE Nr. 1674, 3237 und 3238.

49. LAS Akten der oldenburgischen Regierung in Eutin (RE), Nr. C Vc 115 (alte Signatur): Briefwechsel zwischen d. Kreisscharnhorstwart u. d. Regierung Eutin, 12.5. und 27.6. 1933, nachgedruckt in Stokes, Kleinstadt, S. 447f.

50. AFL Nr. 189 vom 15.8.1933.

51. LAS 260/20333 und Stokes, Kleinstadt, S. 532, 535, 581, 596.

52. Stokes, Kleinstadt, S. 505, 515, 540f.; Stokes, Schutzhaftlager, S. 615ff; AFL Nr. 174 und 182 vom 28.7. und 6.8.1933 sowie LAS 355/266: Gefangenenverzeichnis d. ehemaligen Gerichtsgefängnisses Eutin, Eintragung Nr. 83.


//28//

53. LAS 260/17636: Verfügung des Ministers d. Inneren, Oldenburg, 2.8.1933 (nachgedruckt in Stokes, Kleinstadt, S. 518).

54. Stokes, Kleinstadt, S. 374, 412ff.

55. AFL Nr. 76 und 109 vom 30.3 und 11.5.1933 sowie LAS 260/17636.

56. Siehe Hans Buchheim, Die Eingliederung des "Stahlhelms" in die SA. In: Gutachten des Instituts für Zeitgeschichte. München 1958, S. 370 - 377.

57. LAS 399.6: Schreiben v. Brigadeführer Böhmcker a. d. Führer des SA-Gruppe Nordmark, Kiel, 24.8.1933.

58. Stokes, Kleinstadt, S. 374, 401, 412ff., 414 - 419, 470; AFL Nr. 64, 91, 92, 96, 110, 218, 219 und 255 vom 16.3., 19.4., 20.4., 25.4., 12.5., 17.9., 19.9. und 31.10.1933.

59. Stokes, Kleinstadt, S. 413f., 477, 668, 765, 814f., 838f.; SAE Nr. 3482: Bericht d. städtischen Polizei a. d. Regierungspräsidenten, Eutin, 9.4.1934; AFL Nr. 121 vom 29.5.1934; Staatsarchiv Bremen, 257/1575: Lagebericht d. Geheimen Staatspolizeiamts, Oldenburg, a. d. Geheime Staatspolizeiamt in Berlin, 8.5. 1935; LAS 260/17636.

60. Stokes, Kleinstadt, S. 412f., 497, 507, 761, 769, 952, 955; LAS 260/17628: Bericht d. Regierungspräsidenten d. Landesteils Lübeck, Geheime Staatspolizeistelle, a. d. Minister d. Innern, Oldenburg, 9.7. 1934; BUndesarchiv Berlin-Lichterfelde, Unterlagen d. ehemaligen Berlin Document Center: SA-Offiziersakte v. Nikolaus Erbgroßherzog von Oldenburg.

61. Stokes, Kleinstadt, S. 838f.; AFL Nr. 201 vom 30.8.1934; LAS 355/159; Staatsarchiv Bremen, 257/1575; SAE Nr. 3482: Berichte d. Bürgermeisters als Ortspolizeibehörde a. d. Regierungspräsidenten und d. Städtische Polizei a. d. Landrat, Eutin, 15.11. 1935 und 24.1.1938.

62. Schreiben von Dr. Adolf Philippson, Berlin, a. d. Verfasser, 25.8.1972; AFL Nr. 56 vom 7.3.1931; Niedersächsisches Staatsarchiv Oldenburg i.O., 134/1210: Bericht v. d. Regierung in Eutin a. d. Minister d. Innern, Oldenburg, betr. Durchführung des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums, 9.9.1933.

63. Eine von Dr. Philippsons Schülerinnen in Eutin während der späten 50er Jahre war meine Frau; durch ihre Vermittlung interviewte ich ihn in seinem Berliner Alterssitz, kurz bevor er mir den in der vorhergehenden Anmerkung zitierten Brief schrieb.

Aus dem Englischen von Kay Dohnke.

Abbildungsnachweise:

Abb. 1, 2, 9: E. G. Prühs, Geschichte der Stadt Eutin, Eutin 1993
Abb. 3, 5: Stadtarchiv Eutin (Nr.3839 bzw. 3238)
Abb. 4, 6, 7: Anzeiger für das Fürstentum Lübeck (Schleswig-Holsteinische Landesbibliothek, Kiel)
Abb. 8: Schleswig-Holsteinisches Landesarchiv, Schleswig (Abt. 260, Nr. 3476)


Veröffentlicht in den Informationen zur Schleswig-Holsteinischen Zeitgeschichte (Kiel) Heft 31 (Juni 1997) S. 3-28.


Der Autor: Lawrence D. Stokes (geboren 1940) ist Professor für moderne europäische und speziell deutsche Geschichte an der Dalhousie University in Halifax/Kanada; neben seinem Buch Kleinstadt und Nationalsozialismus. Ausgewählte Dokumente zur Geschichte von Eutin 1918 - 1945 (Neumünster 1984) hat er eine Reihe von Aufsätzen über verschiedene Themen der Zeitgeschichte Eutins veröffentlicht. Eine von ihm zusammengestellt Dokumentation zum Eutiner Dichterkreis erscheint demnächst.


Informationen zur Schleswig-Holsteinischen Zeitgeschichte Heft 31

Übersicht Informationen

Verfügbare Texte

Titelseite AKENS