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Kay Dohnke:
Kieler Wissenschaftspreis 1996 an Dr. Thomas Scheck

Von den Wikingern in die Zeitgeschichte: nachdem der angesehene Kieler Wissenschaftspreis vor zwei Jahren für eine Arbeit zu Edelmetalldepots der Wikingerzeit vergeben worden war, erhielt am 23. Mai 1996 der Eutiner Kunsthistoriker Dr. Thomas Scheck die Auszeichnung für seine Untersuchung Denkmalpflege und Diktatur. Die Erhaltung von Bau- und Kunstdenkmälern in Schleswig-Holstein und im Deutschen Reich zur Zeit des Nationalsozialismus. Damit wurde eine Arbeit ausgezeichnet, die sich der NS-Geschichte in Schleswig-Holstein und darüber hinaus im damaligen deutschen Staatsgebiet aus ungewöhnlicher Perspektive, auf bislang wenig beachteter Materialbasis nähert.

Schon in seiner Magisterarbeit hatte sich Thomas Scheck 1989 mit den Anfängen der organisierten Denkmalpflege in der preußischen Provinz Schleswig-Holstein befaßt. Und dabei wohl weitreichende Verbindungen in die folgenden Phasen der Zeitgeschichte festgestellt - Grund genug, 1990 ein Promotionsvorhaben zu beginnen, das sich schwerpunktartig eben dieser Politisierung und Ideologisierung der Denkmalpflege nach 1933 widmete. Mit dem notwendigen, weil in der Sache angelegten Rückblick auf die Weimarer Zeit stellt Schecks Dissertation eingehend dar, wie die Gleichschaltungsmaßnahmen die alltägliche Arbeit der Konservatoren beeinflußte. Eine besondere Rolle spielte dabei der Kunsthistoriker Ernst Sauermann.

Scheck projiziert seine Ergebnisse auf die Arbeit anderer kulturpflegender Institutionen Schleswig-Holsteins, nämlich von Museen und historischen Vereinen, und kann so die Besonderheiten in Bereich der Denkmalpflege klar herausstellen. Der Ausblick auf die Verhältnisse im Deutschen Reich läßt schleswig-holsteinische Spezifika erkennbar werden.

Thomas Schecks Untersuchung - seit 1995 auch in Buchform publiziert (vgl. die Rezension in diesem Heft) - ist mehr als nur eine Fachstudie für Kunst- bzw. Kulturhistoriker. Die Breite seines analytischen Ansatzes erbringt wichtige Erkenntnisse für den Bereich der kulturellen Gleichschaltung und die spätere kulturelle Praxis. Es zeigt sich, daß historische Rekonstruktionen nicht allein auf der Untersuchung und Interpretation von demoskopischen oder Wirtschaftsdaten, legislativen Ereignissen, Wahlergebnissen oder bedeutenden Biografien aufbauen sollte, sondern sinnvoller Weise auch mentalitätsgeschichtliche Aspekte einschließt. Für eine Alltags- wie Kulturgeschichte des Nationalsozialismus in Schleswig-Holstein stellt die Arbeit wichtige Bausteine bereit.

Nachdem Thomas Scheck zeitweise in Schwerin im Bereich der Denkmalpflege wissenschaftlich tätig war, arbeitet er inzwischen für den "Nordkurier" in Neubrandenburg und publiziert nebenher als Journalist und Buchautor. Die NS-Forschung bleibt dabei für ihn weiterhin mit dem Fokus der schleswig-holsteinischen Kulturpolitik ein wichtiger Themenbereich. Eine detaillierte Studie zur kulturpolitischen Gleichschaltung und zur Rolle des Gaukulturwarts Friedrich Knolle wird demnächst in den Informationen zur Schleswig-Holsteinischen Zeitgeschichte erscheinen.


Veröffentlicht in den Informationen zur Schleswig-Holsteinschen Zeitgeschichte (Kiel) Heft 29 (Juni 1996) S. 58.


Informationen zur Schleswig-Holsteinischen Zeitgeschichte Heft 29

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